Berichte aus Rathäusern in Niedersachsen mit Sitzen der Partei dieBasis

In einer Samtgemeinde in Niedersachsen stellt die Fraktion BÜNDNIS 90 / Die GRÜNEN den Antrag, den Abstand zwischen Windanlagen und Wohngebäuden von vorgegebenen 720 m auf 600 m zu verkürzen. Eine Erwiderung des Ratsherren der Partei dieBasis

Die Argumente der Fraktion BÜNDNIS 90 / Die GRÜNEN und des Ratsherren der Partei Die Partei sind in vielen Punkten dargelegt.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90 / Die GRÜNEN und des Ratsherrn xxx (Die Partei) im Rat der Samtgemeinde xxx im Wortlaut:

Ergänzung der Samtgemeinderatsvorlage  2023/SG-0005 um einen weitergehenden Beschlussvorschlag

 Antrag:
Der Rat der Samtgemeinde xxx möge beschließen:

Das Verfahren zur Aufstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplanes „Windenergieanlagen“ der Samtgemeinde xxx wird fortgeführt. Bei der Ausweisung von Flächen für Windkraftwerke wird die Abstandsregelung zur Wohnbebauung auf 600 Meter festgelegt.
Das entspricht der 2 ½ fachen Höhe einer WEA von 240 m.

Begründung:

  • Schon jetzt wird aus den vorgelegten Plänen deutlich, dass bereits bestehende Anlagen kaum noch im Bereich der angedachten Fläche bei 720 m Abstand stehen, so dass an diesen Orten ein Repowering behindert würde.
  • Wenn wir möglichen Investoren geschlossene und leicht zu erschließende Flächen anbieten, ist das ein Pluspunkt für die Samtgemeinde, um hier möglichst unkompliziert Windparks zu errichten. Einerseits können sie auf den ausgewiesenen Flächen angesiedelt werden, andererseits werden damit Einzel-WEAn mit der entsprechenden jeweiligen Versiegelung durch Straßen, Zuleitungen und der weiteren notwendigen Infrastruktur minimiert. Somit wird die Ansiedelung gesteuert, aber so, dass es für die Investoren und die Landschaftsgestaltung attraktiv bleibt.
  • Wir werden angesichts des Ausstiegs aus der fossilen Energiegewinnung und der Nutzung von regenerativen Energien mit der damit verbundenen Elektrifizierung auf sehr viel regenerativ produzierten Strom angewiesen sein. Daher sollten wir uns Gedanken machen, wie wir mit möglichst vielen und effektiven WEAn dazu beitragen können, den Wohlstand in unserer Kommune und im Land zu erhalten, statt uns weiterhin von Gedanken zur Verhinderung und Einschränkung dieser Anlagen leiten zu lassen.
  • Die Gemeinde und viele Bürger profitieren auch monetär von den hier angesiedelten Windenergieanlagen durch Beteiligung, Vergütung, Gewerbesteuer, durch Pachterträge und Ausgleichszahlungen.
  • Eine direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Windenergieproduktion sollten wir als Kommune einfordern und durch Beratung unterstützen.
  • Dies alles bedeutet, die regionale Wertschöpfung zu steigern und den oft unterschätzten ländlichen Raum zu einem Motor für die wirtschaftliche Entwicklung in der nachfossilen Zeit zu entwickeln.
  • Erfahrungsgemäß sinkt der Widerstand gegen Windenergieanlagen in dem Moment, wo die Betroffenen finanziell profitieren. Das gilt für alle Bürgerinnen und Bürger schon allein im Hinblick auf gute Steuereinnahmen und dem kommunalen Anteil an der Energieproduktion von 2 ct/kwh. Schätzungen zufolge liegt der finanzielle Nutzen der Kommune bei gut 30.000 € pro WEA.
  • Der Bau und die Wartung der WEAn fördert auch Synergien z.B. in der Gastronomie und im Hotelbereich und für gut bezahlte Arbeitsplätze.

Bei Windüberschuss ist es denkbar, dass Anlagen zur grünen Wasserstoffherstellung sich in unserer Gemeinde etablieren, was zur wirtschaftlichen Entwicklung unserer Region beitragen würde. Darauf muss die Gemeinde gezielt hinarbeiten und Investitionen in solche Anlagen fördern.

Die ausgewiesene Fläche in der Samtgemeinde ist zu klein für mehr Windanlagen und damit nicht ausreichend für genug grünen Strom.

  • Für die Investoren und die Landschaftsgestaltung attraktiv wären größere zusammenhängende Flächen, auch um die Bodenversiegelung für Aufbau und Wartung zu reduzieren
  • Monetäre Profite durch Beteiligung der Bürger, Pachtverträge, Vergütungen, Ausgleichzahlungen und Gewerbesteuern ( ca. 30.000 €/ WEA)
  • Synergien mit Gaststätten- und Hotelgewerbe bei Aufbau und Wartung
  • Etablierung von Anlagen zur grünen Wasserstoffproduktion bei Energieüberschuss

Unser Ratsherr hatte schon lange vor seiner Mandatszeit die Vor- und Nachteile der Windanlagen gegeneinander abgewogen und gab folgende Belange zu bedenken, die im Antrag der BÜNDNIS 90 / Die GRÜNEN nicht berücksichtigt waren.

  • Beeinträchtigung der Anwohner durch Infraschall und Schattenschlag
  • Verlust der touristischen Attraktivität, durch Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes im ländlichen Raum durch die Umwandlung in ein Industriegebiet
  • Entstehende Überkapazitäten im Hotel- und Gaststättengewerbe nach Abzug der Montagetrupps und ausbleibenden Touristen.
  • Wertverlust von Grundstücken ohne genauere Berechnung der Kompensation
  • Zerstörung des Lebensraumes für Tierarten mit wechselnden Revieren wie Uhu, Rotmilan und Gabelweihe
  • Gefahr des Verendens einiger Fledermausarten durch Barotrauma an den Rotorenden
  • Insektenschlag durch das Verwirbeln von Fliegen und Käfern in Höhen von 240 m
  • Technisch aktuell unmögliche langfristige Speicherung von Wasserstoff

Nach dem Abwägen des Für und Wider von Windanlagen kommen wir zu dem Schluss, dass die Nachteile für Mensch, Tier und Landschaft die Vorteile der Stromerzeugung bei weitem überwiegen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine relativ kleine Gruppe von Investoren und Landbesitzern von den Vorteilen profitiert. Die zusätzlichen Gewebesteuern kommen den Bürgen höchstens mittelbar zugute, während die große Mehrheit der unbeteiligten Bürger und die Natur die Lasten zu tragen haben.

Stellungnahme des Ratsherren der Partei dieBasis

Sehr geehrte Damen und Herren,

Über den im Antrag genannten Belang sollte bei der Entscheidung auch folgenden Belangen Rechnung getragen werden:

In den betroffenen Gebieten leben Menschen, unsere Mitbürger in der Samtgemeinde, deren Lebensqualität durch WEAs in unmittelbarer Nähe stark durch Infraschall und Schattenschlag beeinträchtigt werden kann. Epilepsiegefährdete Mitmenschen würden ggf. sogar dazu gezwungen, ihren angestammten Lebensmittelpunkt zu verlassen.

Vor einigen Jahren konnte eine WEA (WindEnergieAnlage) nicht errichtet werden, weil ein Uhu im Einzugsbereich lebte. Da dieser im folgenden Jahr nicht mehr vorgefunden wurde, werden nun WEAn gebaut. Damit kann der Uhu nicht mehr zurückkehren oder sich neu ansiedeln. Die Umwelt allgemein und dieser spezielle Lebensraum sind hier nachhaltig für die Lebensdauer der Anlagen zerstört. Gleiches gilt für andere Tierarten mit wechselnden Revieren und auch Fledermäusen, die nachtaktiv sind, von den rot blinkenden Lichtern der WEAn angezogen werden und dann durch die Druckunterschiede an den Rotorblättern an einem Barotrauma (Platzen der Lungenbläschen, ähnlich wie bei der bekannten Taucherkrankheit) verenden.  Ist eine derartige Zerstörung gewollt und hinnehmbar?

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Aspekt ist der Insektenschlag in Windparks. Viele Tonnen im Jahr werden dort vernichtet, darunter auch viele Insektenarten, die Nahrungsgrundlage für Vögel und andere höhere Tierarten (Amphibien, Maulwürfe) sind. Deren Lebensgrundlage wird bereits durch Einzelanlagen beeinträchtigt, ganz besonders empfindlich aber in Windparks gestört, oder sogar gänzlich zerstört. Ist das ausreichend in die Überlegungen, Investoren und Geld nach xxx zu locken eingeflossen?

Gerade Windparks steigern diese Wirkung. Durch den Windpark entsteht vor den Windrädern ein Aufwind, der die Insekten direkt in die Rotorblätter trägt.

Eine aktive Landschaftsgestaltung ist durchaus begrüßenswert. Bei dieser Planung ist mithin zu berücksichtigen, dass es sich bei WEAn, insbesondere in Windparks um dezidierte Industrieanlagen handelt – mit allen Konsequenzen, die das nicht nur für die Umwelt, sondern eben auch für das Erscheinungsbild der Landschaft hat. Insbesondere für den Tourismus sind hier langfristig negative Folgen zu erwarten. Ein romantisch veranlagtes Hochzeitspaar wird für sein Hochzeitsfoto vor der Alten Schule in xxx wohl eher von einem Windpark im Hintergrund absehen wollen. Eventuell damit eben auch von der Eventlocation insgesamt.

Grundsätzlich wird bereits ausreichend regenerativer Strom erzeugt, wenn die Quellen dafür aktiv sind (Wind, Sonne). Dies gilt insbesondere für Niedersachsen. Einzig stehen diese nicht ständig zur Verfügung, so dass trotzdem eine umfassende Kraftwerksstruktur, die auf fossile Energiequellen angewiesen ist, aufrechterhalten werden muss. In Zeiten von Energieüberfluss noch mehr Energie zu produzieren, löst dieses Problem nicht.

Außerdem ist zu bedenken, dass durchschnittlich 140 Tage des Jahres windfrei sind. Die aufgelisteten Nachteile bleiben zu 100% bestehen, während der erhoffte Nutzen bei unter 60% liegt.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die Gemeinde und viele Bürger profitierten auch monetär von den angesiedelten Windenergieanlagen durch Beteiligung, Vergütung, Gewerbesteuer, durch Pachterträge und Ausgleichszahlungen.

Hierbei ist anzuzweifeln ob die Wertverluste der betroffenen Grundstücke durch die Einnahmen kompensiert werden. Dass diese Kompensation tatsächlich die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer erreicht, erscheint darüber hinaus aus der derzeitigen Perspektive mehr als fraglich. Sind die Erträge so hoch, dass nach den Profiten, die für Beteiligung, Vergütung, Gewerbesteuer, Pachterträge und Ausgleichszahlungen abgeschöpft werden, noch genügend Geld vorhanden ist, um die Schäden zu heilen?

Sicher ist auch, dass Beteiligungen der Bürgerinnen und Bürger entsprechende Investitionen und vor allem das Risiko an Betrieb und möglichem Rückbau (Versiegelte Flächen, Wartungskosten, Ausfälle etc.) mit sich bringen. Sind entsprechende Berechnungen und Risikobeurteilungen ausreichend in die Überlegungen eingeflossen? Wenn ja, wo sind diese einsehbar?

Während Sie vermuten, dass die regionale Wertschöpfung gesteigert und der oft unterschätzte ländliche Raum sich zu einem Motor für die wirtschaftliche Entwicklung in der nachfossilen Zeit entwickeln könnte, ist es auch möglich, dass sich der ländliche Raum dauerhaft in eine Industrielandschaft verwandelt.

Der finanzielle Nutzen von WEAn für direkte Investoren, Betreiber und Landbesitzer ist unbestritten. Auch sind zusätzliche Steuereinnahmen für die Gemeinde begrüßenswert. Darüber hinaus ist jedoch zu beachten, wer die resultierenden Lasten zu schultern hat. Wie kommt der Nutzen von 2 ct/kWh den Bürgerinnen und Bürgern zugute, die unmittelbar in Sichtweite der Anlagen leben? Die negativen Auswirkungen, die durch die Anlagen hervorgerufen werden können, wurden oben bereits dargestellt. Wie soll das konkret kompensiert werden? Kann ein möglicher Wertverlust, möglicherweise die Unveräußerbarkeit eines Grundstückes, durch die Einnahmen ausgeglichen werden, selbst wenn die Gemeinde die zusätzlichen Einnahmen direkt an die Betroffenen weiterreichen würde? Sind mögliche Gesundheitsschäden überhaupt finanziell kompensierbar?

Auch die Synergien, die z.B. in der Gastronomie und im Hotelbereich und für gut bezahlte Arbeitsplätze durch den Bau und die Wartung der WEAn erwartet werden könnten, sind kritisch zu betrachten.

Hier sind wenige Monate für Aufbau und wenige Tage im Jahr, die für Wartungsarbeiten benötigt werden, auf die gesamte Lebensdauer der Anlagen anzurechnen und dem möglichen Verlust von Attraktivität der Gegend für Freizeittouristen entgegen zu halten. Langfristig ist hier ein deutlicher Nachteil für Gastronomie- und Hotelgewerbe zu befürchten.

Sie schreiben, dass bei Windüberschuss denkbar ist, Anlagen zur grünen Wasserstoffherstellung in unserer Gemeinde zu etablieren, was zur wirtschaftlichen Entwicklung unserer Region beitragen würde. Darauf müsse die Samtgemeinde gezielt hinarbeiten und Investitionen in solche Anlagen fördern.

Aus technischer Sicht hat die Herstellung von Wasserstoff und Rückgewinnung von Strom daraus eine negative Energiebilanz mit einem Verlust von mindestens 50%. Da sich Wasserstoff mit dem heutigen Stand der Technik nicht langfristig speichern lässt, macht die Erzeugung von Wasserstoff nur für den kurzfristigen Bedarf Sinn. Dieser Bedarf sollte dann aber bereits durch die WEAn gedeckt sein, da diese ansonsten keinen Sinn machen würden.

Ich hoffe, mit diesen Informationen zu einer differenzierteren Sicht der Dinge beizutragen und verbleibe mit freundlichen Grüßen, …

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